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Kooperation statt "Rosenkrieg" im Familienrechtsstreit

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Auswege aus der Rechtsfalle

© Werner Schieferstein

Kooperation im Rechtsstreit - ein Widerspruch?

Jeder, der schon einmal einen Prozess geführt hat, kennt das Gefühl der Ungewissheit, wie die Sache wohl ausgehen wird, obwohl man sich ihrer eigentlich ganz sicher ist. Tatsächlich erweist sich diese Sorge zu 50% als berechtigt, da, wenn einer gewinnt, der andere verliert, genauer: was dem einen zugesprochen wird, muss dem anderen genommen werden. "Nullsummenspiel" nennt man dieses statistische Verhältnis, da Gewinn und Verlust zusammen immer Null ergeben. Gleichgültig, ob man als Sieger oder Verlierer den Platz verlässt, - der Konflikt, der dem Streit zugrunde liegt, wird durch einen so beendeten Prozess meist nicht aus der Welt geschafft.


Kooperation im Familienrechtsstreit

beruht auf der Einsicht, dass Nullsummenspiele bei komplexen Lebenszusammenhängen wie etwa in Familienbeziehungen meist nicht aufgehen, und das Recht solche Konflikte nicht wirklich lösen kann. Man sitzt, geht es um's Recht, gewissermaßen zusammen in einem Boot, das nur einen ans Ziel bringt, so dass jeder versucht, seine Haut auf Kosten des anderen zu retten. Die Gefahr des Kenterns betrifft jedoch beide Seiten. In der heißen Phase des Streits macht man sich über das gemeinsame Risiko wenig Gedanken. Auf längere Sicht ist Kooperation in dieser Lage aber die klügere Wahl, wenn nicht sogar überlebensnotwendig.


Kooperation im Rechtsstreit bedeutet:


Die Rechtsfalle

Im Familienrecht sind Rechtsfakten meist eng mit Emotionen verbunden. Hieraus resultiert das Dilemma einer juristischen Praxis, die mit den Rechtslösungen auch die Lösung menschlicher Probleme verspricht. Man könnte dies als "Rechtsfalle" bezeichnen. Wenn Streitende sich mit ihren Gefühlen auf das Nullsummenspiel des Rechts einlassen, riskieren sie nicht nur jeder, hierin zu unterliegen, sondern sie geben sie die Entscheidung über ihre innere Sicht auch an den Richter ab. Enttäuschung und Verbitterung über "das Recht" haben oft hier ihre Ursache.

Beziehungen, die eine unterschiedliche Sicht der Dinge einschließen, können nicht durch einen Richterspruch geregelt werden. Wenn ein Elternteil z.B. für den Kontakt mit seinen Kindern kämpft, kann eine richterliche Entscheidung nur funktionieren, wenn die Eltern insoweit eine gute Beziehung miteinander erhalten.

Kooperation im Familienrechtsstreit hat das Ziel, die Rechtsfalle zu vermeiden, und den Rechtsstreit auf das zu beschränken, was der Bereinigung von Sachkonflikten dient.


Wie ist praktisch vorzugehen?

Die Konfrontation begrenzen:

Fakten und Rechtsfragen müssen zunächst definiert und geklärt werden. Auseinandersetzungen hierüber sind sinnvoll und nötig, um das Kampffeld abzustecken. Auseinandersetzungen über Sachfragen tragen auch dazu bei, Dampf abzulassen, und können helfen, "Sachen" und Emotionen voneinander zu trennen. Der Konflikt als Ganzes muss beschrieben werden, um zu wissen, um welche Interessen es wirklich geht.


Beachten der Streitdynamik:

Fakten und Rechtsfragen haben die Tendenz, sich im Verlauf eines Rechtsstreits mit Emotionen - und auch untereinander - zu vermischen. Die Strategie im Rechtsstreit muss die Beherrschbarkeit des Konflikts beachten und vor Überschreitung eines kritischen Punkts moderierend eingreifen. Für beide Seiten kann eine Eskalation zur Gefahr werden, nämlich dann, wenn das "Rechts-Boot" kentert. Darum kann die Strategie hier auf eine Mitwirkung der Gegenseite rechnen. Dies ist die Gelegenheit, die Kooperation zum Thema zu machen.


Unterscheiden der Streitphasen:

Jeder Rechtsstreit hat einen mehr oder weniger typischen Verlauf von der ersten Kampfhandlung bis zur letzten Gerichtsinstanz (und möglicherweise noch danach). Es ist sinnvoll, den Kooperationsgedanken erst dann einzuführen, wenn der anfängliche Schlagabtausch vorüber ist. Man erkennt den geeigneten Zeitpunkt z.B. daran, dass Parteien oder Anwälte ihre Argumente wiederholen. Einzelne Streitphasen kehren in unterschiedlichen Stadien des Rechtsstreits wieder: Phasen der Unnachgiebkeit wechseln mit solchen der Annäherung oder Kampfesmüdigkeit. Kooperation kann nur stattfinden, wenn auch die andere Seite dazu bereit ist und Vorteile davon hat, andernfalls vergibt man unnötig Manövriermasse und Sachkompetenz. Um Kooperation anzubieten, muss man den richtigen Zeitpunkt herausfinden und sie so begründen, dass auch die Gegenseite den Nutzen daraus für sich erkennt.


Fazit

Gerade bei nicht "justiziablen" Meinungsverschiedenheiten über Kindererziehung, gemeinsame elterliche Sorge nach Trennung und Scheidung und Umgang mit den Kindern bildet Kooperation praktisch die einzige Chance einer dauerhaften Lösung. Gerichte tun sich zunehmend schwer, die mit den proklamierten Gesetzeswerten wie Kindeswohl und gemeinsame Elternschaft geweckten Erwartungen durch juristische Mittel zu erfüllen.


Kooperation im Rechtsstreit

geht zurück auf die Ideen des sachgerechten, oder kooperativen Verhandelns, - nach dem sog. "Harvard-Konzept", einer von amerikanischen Professoren in den 70-er Jahren entwickelten Verhandlungstechnik mit schwierigen Verhandlungspartnern. Diese Methode hat sich in Politik und Wirtschaft außerordentlich bewährt und wurde im Lauf der Jahre immer mehr verfeinert.


Ihre Grundprinzipien lauten:


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Reuterweg 65, 60323 Frankfurt

verantwortlich i. S. d. P. Werner Schieferstein
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